Sonntag, 28. März 2010

Aktuell, Teil vier

Teil vier


Mit Bauch, Herz und Verstand

Worin besteht
die Normalität?

Begeisterung
Langeweile

Freude
Leiden

mal auf
mal ab

mal alles satt haben
und sich ein Schimpfwort erlauben
gegen sich selbst oder gegen die anderen
mal den Boden unter den Füßen verlieren
und sich in einen Schmetterling verwandeln

mit Bauch, Herz und Verstand etwas wollen
mit Bauch, Herz und verstand etwas nicht wollen

ist dies eben nicht das Paradies, aus dem wir vertrieben sind?


Über sie

Man spreche leise über sie
man habe Angst vor ihr
man beschimpfe sie
man habe Respekt vor ihr
man ignoriere sie
man benötige sie
man entwerte sie
man schätze sie
man verleugne sie
man verlasse sich auf sie
man nehme sie nicht ernst
man finde sie geheimnisvoll
man finde sie frugal

Realität.


Mehr oder weniger

Leicht
falle ich in ihm hinein
schwer
befreie ich mich von ihm
als ob mitten am Tage bräche die Nacht ein
dar schwarze Loch

trägst du auch ein schwarzes Loch in dir?
hab keine Angst vor ihm
jeder trägt
mehr oder weniger
ein schwarzes Loch in sich
das Nichtsein.

Gedichte, Teil drei

Teil drei

Ausgewählte Gedichte vom Gedichtband "Es ist März", veröffentlicht im Jahre 2002.


Jene Frau

Sie erscheint
jedes Mal anders
in meinen Träumen

in jedem Gedicht
begegne ich
einer anderen Seite
von meinem Dasein.


In die Stadt

Eine zarte Mondsichel und
ein leuchtender Stern
es ist Nacht
ich gehe in die Stadt
selten ist hier der Himmel klar

ich nehme sie mit und
bringe sie meiner Freundin als Geschenk.


Steht nicht auf!

Das Kind dreht sich
bleibt stehen und
sagt
steht nicht auf!
das Zimmer dreht sich

die Mutter sagt
mein Kind
dir dreht sich das Zimmer.


Lieber

Einsamkeit
als nicht existieren

lieber das Verlangen
nach verstanden werden

eine mitteilbare Einsamkeit
hat eine Existenz.


Liebesgedicht

Wir ist gleich ich plus du plus unsere Gemeinsamkeit
ich minus du ist gleich ich minus wir
daraus ergibt sich
ich minus du ist gleich ich minus ich minus du minus unsere Gemeinsamkeit
daraus ergibt sich
ich ist gleich minus unsere Gemeinsamkeit

du fehlst mir!


Ein Gesicht

Ich kann es nicht ganz beschreiben
es ist mehr als ein Gesicht
ein Fahrgast ist mehr als ein Fahrgast
die Bahn ist mehr als die Bahn
die Stadt ist mehr als die Stadt
die Welt ist mehr als die Welt
ich kann sie nicht ganz beschreiben.


Die Begegnung

Der eine sitzt
der andere kommt ins Zimmer

der andere guckt aus dem Fenster und
sagt
was für ein Wetter!
der eine sagt nichts

der eine hustet
der andere guckt ihn an

der andere sagt
so!
der eine sagt nichts

der andere geht.


Na ja!

Die Realität
na ja!

der Tee schmeckt gut
ich trinke ihn
mit Zucker.


Ein guter Trick

Morgen geht es zu Ende
morgen geht es zu Ende
morgen geht es zu Ende
morgen geht es zu Ende

ein guter Trick!

morgen geht es zu Ende.


Der Einkauf

Kaffee
Kartoffeln
Apfel
Käse
Margarine

Hallo!
Hallo!

Danke!
Danke!

Tschüss!
Tschüss!

und
der Einkaufswagen

haben Sie eine Mark drin?
Ja!


In der Nacht

Eine alte Frau
steigt aus dem Bus aus

eine Rose
in der Hand.