Samstag, 1. Oktober 2011

Aktuell, Teil neun

Aktuell, Teil neun

Nächste Veröffentlichung Anfang Januar 2012


Ich wünsche ihr

Ich habe sie einpaar mal getroffen. Heute entdeckte ich die Prinzessin an ihr. Ich habe keine direkte Erfahrungen mit realen Prinzessinnen. Ich weiß nicht, ob das uns gelieferte historische Bild von einer Prinzessin mit der Realität übereinstimmt, oder nicht. Mir ist das Bild relevant, das wir von einer Prinzessin haben.
Wir haben auch ein Bild von Engeln und Monstern. Ob diese Bilder real sind, oder nicht, ist mir nicht relevant. Allein das Bild interessiert mich, das wir von ihnen haben. Das, was ich mir als Engel und als Monster an Menschen vorstelle, mag ich.
Also, sie bestätigt das bild, das ich von einer Prinzessin habe. Ich wünsche ihr, dass sie eine Prinzessin bleibe.


Hilfe!

Hilfe! eine Wespe hat mich gestochen
es war nicht doch Wespe
es war homo sapiens.


Ich weiß, sie zu schätzen

Ich trage zwei Drachen an mir
meine Würde und meine Unschuld

ich soll mich in Acht nehmen
und ich soll sie in Acht nehmen

ich weiß, sie zu schätzen
sie sind die Wächter der Kultur an mir

mein ich.


Dieses Gesicht

Ich empfand es schlicht
ich empfand es angenehm
ich empfand es schön
ich empfand es interessant
ich empfand es elegant

dieses Gesicht.


Diese Frau

Diese Einfachheit in ihrem Benehmen
diese Melancholie in ihren Augen
dieses Glück in ihrer Seele
diese Schönheit in ihrer Welt
diese Demut in ihrem Wesen

diese Frau.


Sie ist in Fernsehen

Sie ist in Fernsehen
ich mag sie, wie sie sich verhält
ob auch sie mich mag?
ja!

wie sie sich verhält, mag sie die Zuschauer.


Sei mein Freund

Sei mein Freund
und sei ein starker Streiter
für mich

dann werde ich alle meine Sorgen vergesse
und tanze
begeistert.

Freitag, 1. Juli 2011

Tahere Asghary

Kritik

Die Gedichte von Mohammad Ahmadijan sprechen mich an. Das hat Gründe. Zum einen schreibt er in einer schlichten Sprache, die mich als seine Leserin oft überrascht. Man steht staunend vor dieser Einfachheit. Die Art der Darstellung erinnert mich an naive Malerei. Aber hinter dieser Einfachheit steht eine tiefgründige Haltung. Der Dichter setzt sich mit existentiellen Fragen auseinander.
Diese Einfachheit hat auch zur Folge, dass eine gewisse Unschuld sich in der Sprache der Texte widerspiegelt. Diese Unschuld ist dabei nicht in religiösem Kontext zu verstehen. Vielmehr meine ich die Einheit der Aussage mit ihrer Form, durch die sich mir unmittelbar etwas Ursprüngliches und Unberührtes mitteilt.
Zum anderen reflektiert M. Ahmadijan aufgrund seines Exillebens vielschichtig. Westliche philosophische, psychologische und Kunst - Aspekte, seine Erfahrungen als Individuum im Kontext von kultureller Vielfalt fließen außerdem in die Texten mit hinein. Von daher ist es lesenswert, wie er sich durch seine Gedichte positioniert und neue Fragen aufwirft.

Tahere Asghary

Aktuell, Teil acht

Aktuell, Teil acht

Nächste Veröffentlichung Anfang Oktober 2011

Wahn

Wahn ist mein Freund
mit Wahn ist mein Leben mein Leben,
wenn der Schmerz stärker sei als ich

falls der Schmerz nicht stärker sei,
schaffe ich es alleine
es macht mir keine mühe.


Der Luftballon

Sie ging

ich träumte, sie gehe vor mir
einen Luftballon in der hand
ich näherte mich ihr und nahm ihr den Luftballon ab
sie ging weiter und verschwand in die Ferne

ich blieb da
ein Luftballon in der Hand.


Was die Vernunft mir vorenthält

Die Vernunft versagt, mich zu legitimieren
was die Vernunft mir vorenthält, gönnt mir die Liebe

die Vernunft meckert
die Liebe sagt:
es war schwer und lieb.


Ich bin gerne böse

Ich bin gerne böse
böse Absichten zaubern
ab und zu eine böse Absicht
damit der Böse sich hinter den guten Absichten nicht versteckt

es ist mir peinlich, wenn ich eine gute Absicht habe
und sie komme bei einem anderen nicht gut an.


Sie

Sie hat ein paar Bierflaschen in der Hand
und fährt mit U-Bahn
sie ist noch jung und redet liebevoll
mir ist es peinlich, dass sie liebevoll zu Fahrgästen spricht
Alkohol hat sie reichlich zerstört

ich bin nicht mehr jung
und bin süchtig nach Liebe
Liebe hat mich reichlich zerstört

wovor hat sie Zuflucht in Alkohol gefunden?
wovor habe ich Zuflucht in Liebe gefunden?


Heute war ein Tag

Auf dem Weg zum Gymnastiktraining begegnete ich dem Herbst in vollen Zügen. In einem Park in der Nähe. Warme Farben und melancholisch.
Bei dem Training war eine interessante Frau in der Gruppe.

Zuhause habe ich Bekanntschaften in meinem Leben durchgegangen. Jede Bekanntschaft war ein Schicksal. Jede Bekanntschaft fing damit an, dass ich einen anderen interessant fand. Nicht immer war mein erster Eindruck treffend. Nicht immer meinte das Schicksal mit mir gut.
Nun erlebe ich den Herbst meines Lebens. In vollen Zügen, mit warmen Farben und melancholisch, wie der Herbst im Park.
Heute war ein Tag. Ein Herbsttag.

Bilder, Teil zwei





















Montag, 4. April 2011

Aktuell, Teil sieben

Aktuell, Teil sieben

Nächste Veröffentlichung Anfang Juli 2011


Der Geschmack von Schnee

Es kommt darauf an,
was du daraus machst

die Sonne
die Nacht
der Frühling
der Herbst
der Regen

davor war der Schnee weiß
wie schmeckt es dir denn der Schnee?


Die Logik

Die Logik diktiert mir, was für Gefühle ich haben sollte. Zu ihr, zu ihm. Zu ihr, zu ihm. Zu ihr, zu ihm.
Meine Gefühle tanzen auf dem Schreibtisch vor meinen Augen und finden einen Platz im Text, den ich gerade schreibe.
Ich pfeife auf die Logik. Das Unmögliche ist menschlich, sagt die Liebe.


Ein Regentropf

Darfst du ein Problem verschieben? Na, klar! Rein in die Schublade und fertig. Vergiss das Etikett nicht: Problem Nr. 1.
Ich habe in meinem Gehirn Schubladen. Was habe ich denn darin. Gott bewahre mich!
Die Antworten fallen vom Himmel. Es sei denn du streckst nie deine Hände aus, wenn es mal regnet.
Ein Regentropf berührt meine Hand. War es ein Engel?


Kann ich

Kann ich mich in Frage stellen und zugleich mich lieben?
kann ich dich in frage stellen und zugleich dich lieben?
kann ich uns in frage stellen und zugleich uns lieben?
kann ich die Realität in frage stellen und zugleich sie lieben?
ja, ich kann

Wahrheit und Liebe sind Freunde.


Für mich und für dich

Mein Dämon rechtfertigt deinen Dämon
dein Dämon rechtfertigt meinen Dämon

Dämonen sind Fehler, die wir als eine Richtigkeit verkaufen wollen
ich behalte im Kopf, mir morgen bei Rossmann Anti-Dämon-Spray zu kaufen

für mich und für dich.


Sie war eine Frau

Sie war eine Frau
eine Woche später
sie war eine ernste Frau
eine Woche später
sie war eine zarte Frau
eine Woche später
sie war eine schöne Frau
eine Woche später
sie war eine bezaubernde Frau
eine Woche später
sie war eine wunderbare Frau

heute habe ich zum letzten Mal gesehen.


Ich bin ein Kompromiss

Ich bin ein Kompromiss
du bist ein Kompromiss
er ist ein Kompromiss
sie ist ein Kompromiss
die Realität ist ein Kompromiss
der Staat ist ein Kompromiss
Angela Merkel ist ein Kompromiss
auch der Kompromisslose ist ein Kompromiss
Schluss mit faulen Kompromissen!

du bist ein interessanter und gelungener Kompromiss
ich liebe dich kompromisslos
oh, Verzeihung!
auch Liebe ist ein Kompromiss
der schönste Kompromiss.


Solange

Die Welt ist ein Wesen wie du und ich
sie kann vor Freude glänzen
sie kann sich erkälten
sie kann in eine Krise geraten
sie kann ihre Krise meistern
sie hat Wunden
ihre Wunden können verheilen
sie kann erkranken
an alles mögliche, an denen wir erkranken
von einer leichten Depression bis zu einer Psychose
ich sage leise, aber ich muss sagen:
sie kann scheitern
und ich sage laut:
sie kann immer wieder von neuem anfangen

solange sie glänzt
solange sie auf den Beinen steht
solange sie sich anstrengt
mache ich mit.


Gerade diese Gelassenheit

Ich bin fix und fertig!
ich bin fix und fertig!

darf ich es zugestehen?

woher habe ich gerade diese Gelassenheit,
dass ich ein Gespräch mit euch darüber führe?


Und was soll ich zu sehr ernst nehmen?

Magie des Unglücks
dagegen hilft
Magie des Glücks
und nicht zu sehr ernst nehmen
Unglück
und Glück
eine wird dich dann nicht loslassen
das andere lässt dich im Stich
also, nicht zu sehr und nochmals nicht zu sehr
und was soll ich zu sehr ernst nehmen?
dass es heute ein sonniger Tag ist
dass du in halber Stunde eine Tasse Kaffee trinkst
und eine Zigarette rauchst
dass du heute zum Mittag gebratene Eier mit Nudeln hast
dass du heute Abend einen Freund triffst.


Was machst du in dem Augenblick?

Was machst du in dem Augenblick?
vielleicht schläfst du
vielleicht liest du in ein Buch
vielleicht gehst du einkaufen
vielleicht sitzt du da und denkst nach
vielleicht drehst du deine Freude in eine Zigarette
und rauchst du sie aus
ich drehe meine Freude in Wörter
und rauche sie aus.

Samstag, 1. Januar 2011

Gedichte, Teil vier

Gedichte, Teil vier

Ausgewählte Gedichte, 1991-1997


Das Tischtennis

In der Jugend
wünschte er sich
ein Haus
mit einem Zimmer
um darin Tischtennis zu spielen

später wünschte er sich eine Welt,
die ein Zuhause für alle wäre

nun wünscht er sich ein Haus
aber ohne ein Zimmer
für Tischtennis.


Meine Reise

Meine Reise begann ich mit
einem Traum
er zeigte mir einen Stern
ich verfolgte den Stern
er zeigte mir eine Frau
ich verfolgte die Frau
sie zeigte mir eine Taube
ich verfolgte die Taube
sie zeigte mir einen Baum
ich verfolgte den Baum
er zeigte mir einen Stern
ich verfolgte den Stern
er zeigte mir einen Traum
ich verfolgte den Traum
er zeigte mir eine Reise.


Ein Haus

Ich baute ein Haus
aus Stein
der wind hat es zerstört

ich baute ein Haus
aus Stahl
der Wind hat es wieder zerstört

ich baue ein Haus
aus Träumen
es soll dem Sturm standhalten.


In der Morgendämmerung

In der Morgendämmerung ging die Liebe
in meinem Herzen auf
ich sagte zu ihr
ich liebe dich
sie sagte zärtlich
nein

als die Sonne am höchsten Stand,
sagte ich wieder zu ihr
ich liebe dich
sie sagte zurückhaltend
nein

in der Abenddämmerung
sagte ich nochmals zu ihr
ich liebe dich
sie sagte zornig
nein

in der Nacht verliebte ich mich in den Mond
er begleitete mich
bis zur nächsten Morgendämmerung.


Trümmer

Ich dachte meine Trümmer
sind nicht so beachtenswert

ich baute aus ihnen eine Gestalt
ich merkte,
ich sei schöner
als ich dachte.


Dunkle Wolken

In meinem Haus wohnt
ein Fremder

denke ich an eine schöne Erinnerung,
lenkt er mich ab

richte ich den Blick
aus dem Fenster
auf Passanten,
lenkt er mich ab

ich verlasse das Haus,
um mich in die Sonne zu legen,
er verwandelt sich
in dunkle Wolken am Himmel.


Hoffnung

Sie sitzt auf dem Zweig
eines Baumes
ich gehe zu ihr
sie setzt sich auf einen anderen Zweig
ich gehe zu dem anderen Zweig
sie setzt sich auf einen anderen Baum
ich gehe zu dem anderen Baum
sie flieht in weite Ferne

ich verzichte auf sie

aus der Ferne
ruft sie mich zu sich.


Der Wasserfall

Dem Fluss bricht
der Rücken

wir bewundern
den Wasserfall.


Der Irrweg

Es lag ein Irrweg vor mir
und ich hatte keine andere Wahl,
außer ihn zu betreten

in der tat wählte ich ihn
im Traum
ging ich einen anderen Weg

die Wege kreuzten sich
später.


Leichter

Leicht erobert
meinen Traum

schwer verlässt
meine Seele

und ich nenne sie
Liebe

So ist es
leichter.


In der Fremde

Wir saßen in der bahn uns gegenüber
ich freute mich,
dass sie eine Iranerin war
sie freute sich,
dass ich ein Iraner war

und wir sprachen uns nicht an.


Meine Vergangenheit

Meine Vergangenheit war mir
unerträglich

ich nahm mir vor,
sie allmählich zu verändern,
damit sie erträglicher werde

ich stellte fest,
dass auch sie mich allmählich verändert

auch ich war ihr unerträglich.


Liebesgedicht

Ich mag dich und Nudeln und die Sonne

dich, weil ich gerne mit dir Nudeln esse
Nudeln, weil ich ohne dich gerne Nudeln esse
die Sonne, weil ich in die Sonne
an dich und Nudeln nicht denke.


Der Zug

Den ersten Zug habe ich verpasst
den zweiten Zug habe ich verpasst
den dritten Zug habe ich verpasst
den vierten Zug habe ich verpasst
den fünften Zug habe ich verpasst
den sechsten Zug habe ich verpasst

ich hatte es satt
ich nahm einen Zug in die andere Richtung
und kam zum Ziel.


Flaum

Der Schwan schlug mit Flügeln
ein Flaum fiel herunter
der Wind nahm ihn mit sich.


Danach

Er setzte sich an die Wand
und streckte seine Beine aus
so spürte er weniger die Schmerzen
die Tür schloss sich hinter ihm
vor vierundzwanzig Stunden war er noch Frei
sein Mund und die Lippen waren ausgetrocknet
er wünschte sich eine kalte Cola.


Das Spiegelbild

Ich malte ein Zimmer
auf die Leinwand
dazu malte ich einen Stuhl
und eine Frau, die auf dem Stuhl saß
und sich in einem Spiegel betrachtete

sie stand auf und ging weg
ich schminkte ihr Spiegelbild.